Heute habe ich einen weiteren Linux-PC an eine Kundin ausgeliefert. Hier wurde ich letzte Woche gerufen, da der PC beim hochfahren immer Scandisk angeworfen hatte und das sich in einer Endlosschleife festgefressen hatte.
Ergebnis einer schnellen Diagnose mit der System-Rescue-CD: Auch hier war die Festplatte schlicht und einfach kaputt. Die Geräuschkulisse war zwar nicht besonders beängstigend, aber deutet auch in diese Richtung.
Da nach Austausch der Festplatte sowieso eine Neuinstallation ins Haus stand, habe ich auch hier die obligatorische Frage gestellt: "Für was brauchst du denn den Computer alles?" Da sich auch da schnell abzeichnete, dass die offensichtlichen Vorteile eines Linux-Systems (Kinder machen nicht versehentlich das System kaputt, keine ernsthaften Viren-Probleme) durch kein haltbares Argument zu entkräften waren, konnte ich auch hier deutlich machen, dass die Kundin mit einem Linux-System besser beraten ist.
Ich habe daraufhin zwei Angebote vorgelegt, eines für neue Festplatte, Tastatur und Maus (die letzteren beiden waren *wirklich* kaputt) und eines für einen neuen Komplett-PC mit genannter Peripherie. Da nach einer Reparatur des alten PC der Rechner an sich immer noch langsam wäre, hat sich die Kundin für den Komplett-PC entschieden. Wäre auch meine Wahl gewesen. Ich hatte mich zur Erstellung des Angebots übrigens für den Lenovo 3000 J200p ohne Microsoft-Steuer entschieden.
Über das Wochenende habe ich diesen Computer also installiert und vorkonfiguriert, so dass ich ihn heute ausliefern konnte. Die Sorge, der DSL-Internet-Zugang könnte entweder keine Flatrate sein oder die "Fritz-Box", deren genaue Bezeichnung ich mir nicht gemerkt hatte, könnte kein Router sein, hat sich zum Glück erledigt. Es war eine Flatrate vorhanden und die Fritzbox war ein Router. Nur wurde sie bisher ausschließlich als Modem benutzt und eine T-Online-Software baute die Verbindung auf dem Client auf. Sehr umständlich, wie ich heute klarstellen konnte. :-)
Die Einführung in die neue Umgebung dauerte für die Kundin mitsamt der beiden Kinder etwa 2,5 Stunden. In dieser Zeit kamen viele Aha-Effekte bei denen ich zeigen konnte, was nun alles viel praktischer ist als vorher.
Während der Inbetriebnahme zeigten sich folgende Probleme, die ich vorher nicht bedacht hatte:
1. Der Scanner, ein Tevion -Scanner, dessen genaue Modellbezeichnung ich mittlerweile wieder vergessen habe. Dieser braucht zum Betrieb eine Firmware, die auf der Original-Treiber-CD zu finden ist. War mittels Foren-Einträgen sehr schnell zu beheben, da man aber eine Datei nach /usr/lib kopieren muss, ist das für Endanwender doch ein dickes Ding.
2. Der (HP-USB-)Drucker wurde komplett vollautomatisch erkannt. Leider ist der Ubuntu-eigene Ersatz für kjobviewer eine völlige Katastrophe. Das hatte ich vorher gar nicht angeschaut. Das Programm kann nichts. Es ist komplett durchgängig in englisch gehalten. Und es hat Print-Jobs auch nach dem Druck als "in progress" angezeigt, wenn sie bei kjobviewer schon lange weg waren. Dieses Problem konnte ich bisher nicht lösen, da ich noch gar nicht geschaut habe, wer dieses Tool eigentlich startet.
3. Die jüngste Tochter hatte da so "ein Spiel", das auf CD-ROM vorhanden war. Im Endeffekt ist es ein Sim-City-artiges Spiel, das erfreulich reibungslos unter Wine lief. Ich konnte nochmal klar stellen, dass wir das Spiel im Account der Kleinen installieren und damit alle anderen Accounts nicht die Bohne davon berührt werden. Ein anderes Spiel zu dem keine Installationsdateien vorhanden waren, konnten wir nicht probieren.
4. Auch wenn die Anforderungen an die Programme sehr minimal sind, so waren doch Daten im Format von MS-Publisher vorhanden. Ich habe nicht mehr getestet, ob sich diese irgendwie mit freier Software öffnen lassen. Irgendwie habe ich an Bestandsdaten außerhalb von MS-Word gar nicht gedacht, das war naiv.
5. Bisher wurde (ja, naiv) das T-Online-E-Mail-Programm benutzt. In Version 5, da Version 6 nicht unter Windows ME läuft. Dieses Programm hat keine Vorkehrungen um die internen Access-Datenbanken in ein lesbares Format zu wandeln. Dank mdbtools konnte ich das Adressbuch extrahieren. Mit den Nachrichten hat das nicht funktioniert, diese sind auch in einer sehr obskuren Struktur abgelegt. Auch wenn das Archiv "nicht so wichtig" ist, werde ich dahingehend trotzdem mit irgendwelchen Weiterleitungs-Tricks nochmal nen Versuch starten.
Alles in allem erwarte ich wenig Probleme, alle beteiligten zeigten sich sehr aufgeschlossen gegenüber den Neuerungen. Mir selbst ist aufgefallen, dass ich die übliche Unix-Einführung (Es gibt keine Laufwerke, es gibt nur /) eigentlich spontan komplett weggelassen habe. Ich fand es nicht nötig, da die grafische Abstraktion mittlerweile sehr gut funktioniert.